Kinder- und Jugendarbeit Bedarfsgerecht fördern!

Die AG Jugendarbeit fordert im nächsten Jahr Förderung auf Basis des einstimmig beschlossenen Jugendförderplans 2021

Die zweite Vertragsversion ist bei den freien Trägern der Jugendarbeit in Jena nun per Post eingetroffen und diesmal wurden ihnen, trotz des fachlich bestätigten Jugendförderplans 2021, nur Mittel auf Basis des Haushaltplans 2020 zugesprochen.

Dabei sind die tatsächlichen Bedarfe der Jugendarbeit in einem mehrmonatigen Prozess in diesem Jahr bereits erhoben und fachlich mit der Verwaltung abgestimmt worden. Das Ergebnis dieses Prozesses ist der einstimmig bestätigte Jugendförderplan 2021. Bei ihm handelt es sich um die Fortschreibung des Jugendförderplans der Vorjahre mit finanzieller Untersetzung auf Basis der strukturerhaltenen Bedarfe der Träger. In der Aushandlung des neuen Plans war die weitere Arbeitsfähigkeit der Träger trotz der bevorstehenden schwierigen Haushaltsjahre, immer das zentrale Anliegen der Stadt und des Jugendhilfeausschuss.

Die AG Jugendarbeit ist irritiert über die Entscheidung der Stadt, die neue Version der Übergangsverträge zu versenden, ohne die Rechtsprüfung abzuwarten. Es ist nämlich noch nicht geklärt, ob nicht der fachlich einstimmig bestätigte Jugendförderplan 2021 die Grundlage für diese Verträge sein müsste.

Die im Jugendförderplan enthaltene Personalkostenerhöhung für 2021 wird zudem durch das Land gegenfinanziert. Daher müssen die tariflich bedingt steigendenden Personalkosten auch Bemessungsgrundlage für die Stadt sein. Das ist mit den Mitteln des Haushaltsplans 2020 nicht möglich, da dieser nur die Kosten des 2016er Tarifs + 2,5% berücksichtigt.

Die AG Jugendarbeit erwartet eine dritte Vertragsversion, in denen der Jugendförderplan 2021 die Grundlage für die Finanzierung der Jugendarbeit 2021 ist. Wir müssen unseren erhöhten Mietkosten, gestiegenen Verwaltungskosten, gestiegenen Sachkosten und faire Löhne für unsere Fachkräfte bezahlen können. Alles andere schädigt die Jenaer Landschaft der Jugendarbeit nachhaltig, die gerade in Zeiten von Covid-19 eher gestärkt werden müsste.

Hintergrund:

11.11.2020 – Die OTZ veröffentlicht den Artikel Jena Vereine sollen Handlungsfähig bleiben. In diesem Artikel legt unser Oberbürgermeister Thomas Nitzsche die aktuelle finanzielle Lage der Stadt da, berichtet von dem notwendig zu erarbeitenden Haushaltssicherungskonzept und den daraus resultierenden Finanzierungsstopp in der Haushaltslosenzeit für freiwillige Leistungen der Kommune. Viele Vereine hörten an dieser Stelle das erste Mal von diesen Vorgängen und was dies für sie bedeutet.

Die freiwilligen Leistungen sollen – laut Landesverwaltungsamt – um mindestens die Hälfte eingekürzt (von 8% auf 4%) werden. Jenaer Vereine sollen mittels Übergangsverträge die Möglichkeit bekommen, weiter handlungsfähig bleiben und 75% ihrer Mittel aus dem Vorjahr bekommen, bis es einen neuen Haushalt der Stadt Jena gibt. Genügend Zeit Verträge zu kündigen und sich auf eine mögliche Kürzung vorzubereiten. Die Jugendarbeit wird bis dahin Seitens der Stadt und (anscheinend) vom Landesverwaltungsamt mit zu den freiwilligen Leistungen gezählt.

Beim Tagesordnungspunkt 3 „Verfahrensweise bei Zuschüssen nach Allgemeiner Zuschussrichtlinie während vorläufiger Haushaltsführung 2021“ der Jugendhilfeausschuss Sitzung vom 18.11.2020 sind nun auch die Vorlagen fürs Anschreiben an die Vereine, Berichtsvoralge für die Ausschüsse und die Vorlage der Vereinbarung für Vereine öffentlich zugänglich.

Die AG Jugendarbeit trifft und berät sich über die Sachlage. Beim Durcharbeiten der Vorlagen wird schnell deutlich, dass die dargestellte Sachlage für die Jugendarbeit rechtlich nicht zutrifft und es keine Grundlage und keine Notwendigkeit für eine 75%-Regelung bei Trägern der Jugendhilfe gibt. Die AG Jugendarbeit meldet sich beim Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, um sich ihr rechtliches Verständnis noch einmal bestätigen zu lassen.

18.11.2020 – Die Jugendhilfeausschuss Sitzung findet statt. Der Dezernent Eberhard Hertzsch führt in den Tagesordnungspunkt 3 ein. Er erklärt noch einmal den Hintergrund zu den Vereinbarungen für die Vereine. Es wird ein Haushaltsdefizit von 14 bis 15 Millionen im Jahr 2021 geben, in den kommenden Jahren rechnet die Stadt mit einem Defizit von 20 bis 22 Millionen. Damit die Stadt nicht insolvent geht, muss sie einem Haushaltssicherungskonzept zustimmen. Im Haushaltssicherungsverfahren dürfen allerdings keine Gelder ausgegeben werden, die nicht zu den Pflichtaufgaben einer Kommune zählen oder zu denen die Stadt verpflichtet ist. Daher sollen Verträge noch im Jahr 2020 geschlossen werden, die der Stadt ermöglichen, zumindest Teile der Gelder an die Vereine weiterzugeben.

Martin Berger und Andreas Herzog leiten noch mit weiteren Details den Tagesordnungspunkt ein. Dabei gehen Sie darauf ein, dass das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport noch einmal das Landesverwaltungsamt darauf hingewiesen hat, dass die Jugendhilfe eine Pflichtaufgabe der Kommune ist und es keine rechtliche Notwendigkeit und Grundlage für eine 75%-Prozentregelung für die Jugendhilfe gibt. Mit dieser Information trat das Landesverwaltungsamt an die Stadt Jena, die daraufhin neue Verträge für die Jugendhilfe aufgesetzt hat. In diesen wird ihnen 100% von den Mitteln des Vorjahres (2020) für 2021 zugesprochen.

In der Debatte zur Vorlage verwies Katharina König Preuss noch einmal auf den bereits beschlossenen Jugendförderplan 2021. Da dieser im Sozialgesetzbuch VIII seine Rechtsgrundlage hat, sollte auf Seiten der Verwaltung überprüft werden, inwieweit der beschlossene Jugendförderplan 2021 nicht auch für die neuen Verträge als Grundlage der Förderung gelten muss.

Martin Berger entgegnet darauf, dass ein Stadtratsbeschluss keine Rechtsgrundlage liefert, wenn es aber eine Rechtsgrundlage für die Förderung nach dem Jugendförderplan 2021 gibt, wird man prüfen und auch danach handeln.

Jonathan Schweizer verweist mit dem Hinweis auf die gesuchte Rechtsgrundlage aufs Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz §16 Förderung der Jugend, dem Rechtsgutachte „Struktur und Finanzierung von Organisationen, die Rahmen der Jugendarbeit tätig sind“ vom Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags 4.3. Förderung und dem Rechtsgutachten „Jugendverbände sind zu fördern“ von Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, Prof. Dr. Christian Bernzen und Melanie Kößler. Neben der klaren Formulierung im Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz §16 sagen auch beide Rechtsgutachten eindeutig, dass sich eine Rechtsgrundlage zur Förderung nach Bedarfen bereits aus dem Sozialgesetzbuch VIII ableiten lässt.

20.11.2020 – Die OTZ berichtet über die erste rechtliche Korrektur und spricht mit Ines Morgenstern, die die Bemühungen der Verwaltung lobt. Zudem freut Sie sich, dass die ewige Debatte über freiwillige Leistung und Pflichtaufgabe ein Ende gefunden hat. Es ist eindeutig: Jugendförderung keine freiwillige Leistung. Im Artikel wird bereits davon gesprochen, dass die Verbände und Vereine des Jugendförderplans 2021 weiter nach dem Ansatz des Haushaltsplanes 2020 zu 100 Prozent bezuschusst werden. Zur Prüfung der Rechtsgrundlage zum einstimmig beschlossenen Jugendförderplan 2021, der die gesteigerten laufenden Kosten der Verbände und Vereine des Jugendförderplans berücksichtigt, ist kein Satz zu finden. Herr Hertzsch bemerkt nur zum Schluss, dass bei tarifvertraglichen steigenden Personalkosten 2021 der künftige Haushaltsplan sogar „noch glattgezogen werden“ muss.

 24.11.2020 – Die ersten Verträge der Stadt in neuer Version kommen bei den freien Trägern der Jugendhilfe an. In den Übergangsverträgen wird den Trägerm 100% ihrer Mittel des Vorjahres (2020) zugesichert. Bei den freien Trägern sind die gestiegenen tarifvertraglichen Personalkosten nicht berücksichtigt. Die kosten berechnen sich weiterhin auf dem 2017er Tarif + 2,5%. Es ist zudem immer noch unbekannt, ob bereits eine rechtliche Prüfung zum Rechtsbestand gab oder noch noch durchgeführt wird. Die Verträge müssen bis zum 11.12.2020 bei der Stadt eingetroffen sein. Die Zeit wird knapp.

02.12.2020 – Die OTZ druckt Teile der oben gegeben Stellungnahme der AG Jugendarbeit ab.

Bis heute gibt es noch keine Rückmeldung oder Reaktion Seitens der Stadt.